Interview mit Kreisvorsitzenden Franz Kopp

Franz Kopp im Interview mit der Mittelbayerischen Zeitung

Franz Kopp ist neuer SPD-Kreisvorsitzender. Mit uns sprach er über seine Zukunft, Martin Schulz und die CSU.

Seit Montag ist der 33-jährige Rundinger Franz Kopp neuer Kreisvorsitzender der SPD Cham. Auch wenn er beruflich gerade in einer zeitlich fordernden Weiterbildung zum Wirtschafts-Fachwirt ist, hat er sich für dieses politische Amt entschieden.

Die SPD wechselt ihre Vorsitzenden in Bund, Land und Kreis: Gabriel, Pronold, Hochmuth –gibt es da Zusammenhänge?

Ich habe bei allen dreien Respekt, vor dem was sie geleistet haben. Edi Hochmuth hinterlässt mir einen gut organisierten Kreisverband. Bei den anderen beiden wird der Wechsel nicht zum Schaden der Partei sein. Bei Gabriel hat sich dieser Effekt schon erwiesen, bei Pronold wird sich dieser Effekt auch bestätigen. Bei Gabriel und Pronold waren auch schlechte Umfragewerte ein Grund. Hochmuth hört dagegen aus freien Stücken auf.

Warum wechselt die SPD ihre Führungsspitze derzeit reihenweise?

Bei Gabriel und Schulz stand die Entscheidung bevor. Man muss es Gabriel hoch anrechnen, dass er sich zugunsten des chancenreicheren Kandidaten zurückgezogen hat. Auch auf Landesebene hat eine Entscheidung angestanden. Bei mir hat sich das im Oktober/November entschieden. Wir haben nur nach einem guten Zeitpunkt für die Kreisversammlung gesucht.

Sie haben ein schwieriges Amt übernommen. Die SPD ist im Landkreis bestenfalls die dritte Kraft. Wie gehen sie damit um, was sind ihre langfristigen Ziele?

Ich will jetzt keine konkreten Zahlen nennen, aber wir wollen wieder eine politische Rolle spielen. Ein Ziel wäre es, im Landkreis wieder einen der Bürgermeister zu stellen und die Zahl der Mandate im Kreistag zu erhöhen.

Bei der letzten Wahl wären sie beinahe Bürgermeister in Runding geworden. Meinen Sie sich jetzt selbst?

Ich schließe nicht aus, wieder als Bürgermeisterkandidat anzutreten, aber soweit will ich noch nicht planen.

Vorsitzender zu sein, bedeutet auch für Spitzenämter zu kandidieren?

Ich sehe mich grundsätzlich in der Pflicht. Wenn sich beispielsweise kein geeigneterer Kandidat für die Landtagswahl findet, dann bin ich dazu bereit. Aber bis dahin kann noch viel passieren.

Sie haben kaum politische Erfahrung und trotzdem haben sie bei der Kommunalwahl sehr viele Stimmen in Runding geholt. Warum?

Wir hatten ein gutes Programm und eine gute Mannschaft, ich selbst war ein Gegenentwurf zum amtierenden Bürgermeister und bin im Dorf bekannt, weil ich aus einem Wirthaus stamme, bei der Feuerwehrjugend war, Fußball gespielt habe und mittlerweile Vorsitzender des Sportvereins bin. Für mich ist das keine Belastung, ich bin gern unter Leuten. Damit kennt man mich auch.

Sie sind rund drei Jahre bei der SPD und bereits Kreisvorsitzender. Haben Sie keine Angst verheizt zu werden?

Darüber habe ich schon selbst nachgedacht, aber ich kann das ja selber steuern. Zudem bin ich ein Erfahrungssammler, Herausforderungen reizen mich. Zudem übernehme ich von Edi Hochmuth ein bestelltes Feld. Wo halten Sie die CSU für angeifbar?

Ich glaube, dass die CSU mit dem Fischen am äußersten rechten Rand angeeckt ist. Dafür wird sie die Quittung bekommen. Mit Martin Schulz bietet die SPD jemanden für die Unzufriedenen in der Unionswählerschaft an. Die, die gerne die CDU in Bayern wählen würden, könnten jetzt SPD wählen.

Und wo ist die CSU im Landkreis angreifbar?

Die Landkreis-CSU hat beim Bundesverkehrswege-Plan keine gute Figur gemacht. Zuerst hat man so getan, als würde alles passen. Erst als die Freien Wähler, die SPD und einige Bürgermeister auf die Barrikaden gegangen sind, hat man gemerkt, dass das nicht das Gelbe vom Ei ist.

Sind die Freien Wähler Partner oder Konkurrent?

Das ist personenabhängig. Teilweise sind sie Partner, teilweise Konkurrenten. Bei den Freien Wählern gibt es ein ganzes Sammelsurium politischer Ansichten.

Steht Schulz für eine veränderte SPD?

Jetzt noch nicht, aber er kann es unter dem Stichwort „soziale Gerechtigkeit“ werden. Einer der Sätze, die er in den Interviews gesagt hat, hat mich tief beeindruckt. Sinngemäss war das: Es kann doch nicht sein, dass einer weniger Steuern zahlt, wenn er sein Geld arbeiten lässt, als wenn er selbst arbeitet.

Als EU-Politiker steht Schulz doch nicht gerade für Kleine-Leute-Politik?

Er hat sich auch als EU-Politiker für die kleinen Leute eingesetzt. Allerdings sind Sozialpolitik, Arbeitsmarkt und Bildungspolitik von der EU nur indirekt beeinflussbar. Es sind Aufgaben der einzelnen Mitgliedsländer. Sein Amt in der EU-Kommission hat auch einen inneren Zwiespalt mit sich gebracht.

Wie meinen Sie das?

Das ist das, was Politik zermürbend und interessant macht: Dieser Zwiespalt zwischen innerer Überzeugung und dem, was das Amt erfordert. Ich drück es mal so aus: Ich würde gerne mal sehen, was passieren würde, wenn ein Grüner Verteidigungsminister wäre.

Warum gibt es mit Schulz diese Aufbruchsstimmung?

Er ist ein neues Gesicht, er ist charismatisch und sympathisch. Sein ruhiger Ton kommt in einer Zeit der derben Töne an. Ich bin sicher, dass sich die Hetze mit der Zeit abnutzen wird.

Kann Merkel abgewählt werden?

Ja. Ohne es werten zu wollen, zwölf Jahre sind in der Politik lang. Die Leute sehnen sich nach einem Wechsel und Martin Schulz bedient diese Sehnsucht.