SPD lobt Mobilitätszentrale in Cham

10.000 Neun-Euro-Tickets haben Thomas Ederer, Sachgebietsleiter ÖPVN bei den Kreiswerken, und sein Team in den vergangenen Wochen verkauft. Der Andrang ist gewaltig, der Nutzen am Land eher strittig. "Die Regelung ist schon recht hemdsärmelig gemacht", bekannte MdB Marianne Schieder und fügte gleichwohl an: "Das Ticket hat zumindest den großen Vorteil, dass jetzt mehr denn je über den ÖPNV geredet wird. Auch auf dem Land." Da konnte ihr Bundestagskollege Udo Schiefner nur nicken. Der Nordrhein-Westfale leitet den wichtigen Verkehrsausschuss im Deutschen Bundestag und war am Dienstag gemeinsam mit Schieder in deren Wahlkreis unterwegs. Anlaufstelle in Cham: die Mobilitätszentrale am Bahnhof.

Dass das mit dem ÖPNV auf dem Land nicht so einfach ist, wusste Markus Müller, stellvertretender Landrat, zu berichten. "Ich habe die Stunden gezählt, bis ich 18 war und Autofahren durfte", bekannte der Neukirchner. Er ist Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde und weiß von den vielen Urlaubern dort, dass diese die Öffis ganz anders sehen: "Die sind das gewohnt und erwarten auch ein entsprechendes Angebot vor Ort."

Müller erklärte dem Gast die Bemühungen des Landkreises, ein adäquates Angebot aufzubauen, erzählte von Tarifverbünden und Rufbuslinien. Mit Blick auf das Neun-Euro-Ticket schwante Müller aber nichts Gutes: "Welche Nachfolgelösung es auch geben wird, es darf nicht zulasten der Kommunen gehen." Insgesamt müsse gelten: "Angebot vor Tarif." Das von Bayern angedachte 365-Euro-Ticket sah Müller ebenfalls nicht unkritisch, denn: "Auch da läuft nichts ohne staatliche Subventionen."

Thomas Ederer sah das ähnlich. Vor jeder Nachfolgedebatte für das Rabattticket müsse erst einmal geklärt werden, wie die ÖPNV-Anbieter ihre derzeit anfallenden Verluste ausgeglichen bekommen. Es sei vorgesehen, dass den Bus- und Bahnbetreibern die Kosten auf Basis der Fahrgastzahlen aus dem Sommer 2019 ersetzt werden. "Wir haben im Landkreis aber im Vergleich zu 2019 eine Angebotsmehrung von 30 Prozent. Die Busunternehmen murren zwar, aber für drei Monate schlucken sie das. Aber eben nicht auf Dauer", warnte der ÖPNV-Fachmann.

Schiefner konnte da nur beipflichten. Wenn es nach der parlamentarischen Sommerpause um eine mögliche Nachfolgelösung geht, will der MdB keine Schnellschüsse riskieren. Doch das Neun-Euro-Ticket sei ursprünglich gar nicht als Verkehrslenkungskonzept gedacht gewesen, sondern als Teil des Entlastungspaketes. Jede weitere Maßnahme müsse aber nun genau durchdacht werden, es müsse neben dem Tarif vor allem der Ausbaustandard und Zustand der Bahnstrecken berücksichtigt werden. Schiefner kritisierte die "maroden Schienenverbindungen".

Vorbildhafte Einrichtung Schiefner wie Schieder sprachen dem Landkreis Cham ein großes Kompliment für sein Engagement aus. "Hier wird nicht gejammert, sondern gemacht", lobte die MdB aus Wernberg-Köblitz. Die Mobilitätszentrale als Anlaufstelle für Nutzer wie Anbieter sah Schieder als vorbildhaft an. Auch für den Landkreis Schwandorf wünschte sie sich als Kreisrätin eine solche Einrichtung.

Wie aufwendig der Betrieb ist, machte Ederer nochmal deutlich. Denn die Zentrale mache die Abrechnung für die Dienstleister, sorge für die gesamte Schülerbeförderung und für jedes Detail. "Wir kümmern uns sogar um den verlorenen Regenschirm", fügte er an. Zudem manage die Zentrale die Rufbuslinien. 16 Stück gibt es davon, weitere sind für Herbst vorgesehen. Ederer bekannte, wie schwierig die Anlaufphase vor drei Jahren gewesen sei. Es habe viel Überzeugungsarbeit gekostet, um Busbetreiber und Taxianbieter ins Boot zu holen. "Für die ist es ein Aufwand, wenn sie mit zwei Stunden Vorlauf stets in Rufbereitschaft sein müssen", hatte Ederer Verständnis für die Sorgen.

Bahn zahlt keine Provision Kein Verständnis hatte er hingegen für die Weigerung der Bahn, keine Provision mehr zu bezahlen. Denn die Mobilitätszentrale managt auch deren Ticketverkauf. Und wenn eine Bahnreise nach Stockholm gehen soll, dann dauere die Beratung schon mal eine Stunde, erzählte Ederer. Ab dem nächsten Jahr will die Bahn dafür keinerlei Ausgleich mehr bezahlen.